Schwein gehabt!

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Haben Sie einen Glücksbringer? Klopfen Sie vorsorglich auf Holz oder fürchten Sie sich vor Freitag, dem 13.? Dann sind Sie wohl abergläubisch. Was hat es damit eigentlich auf sich?

Aberglaube – das ist nichts, wofür wir uns schämen müssen. Schließlich verschenken wir doch alle zum Neujahrstag gerne ein kleines rosa Glücksschwein oder freuen uns, wenn wir auf der Wiese ein vierblättriges Kleeblatt finden. Symbole und Bräuche, die den reinsten Segen versprechen, kennen wir en masse. Solche, die angeblich mit Pech drohen, aber auch. Wem mulmig wird, unter einer aufgestellten Leiter hindurchzulaufen, oder beim zerbrochenen Spiegel fortan sieben Jahre Unheil befürchtet, der ist damit nicht alleine. Mystisches Denken zieht sich durch alle Zeiten und Kulturen. Obwohl »superstitio«, wie man lateinisch sagt, schon im Mittelalter als Irrglaube galt, halten wir wacker an der möglichen Existenz übernatürlicher Kräfte fest – bis heute. Aktuelle Umfragen bestätigen: 39 Prozent der Frauen bezeichnen sich hierzulande als abergläubisch. Unter den Männern ist es immerhin jeder Fünfte. Und aus neurowissenschaftlicher Sicht gibt es dafür sogar Erklärungen.

Talisman dabei?

Der Glaube an eine höhere Macht beeinflusst unser Verhalten, zumindest ab und zu. In Situationen nämlich, die uns besonders wichtig sind, tragen viele von uns einen Talisman bei sich. Er soll uns beim Gelingen einer Prüfung helfen, wäh­­rend eines Zahnarzttermins beistehen oder auf Reisen beschützen. Hat es geklappt, speichert unser selektives Ge­dächtnis den Erfolg als schöne Erinne­rung ab und bringt den Glücksbrin­ger damit unmittelbar in Verbindung. Zu den­ken, das Maskottchen trage maßgeblich dazu bei, dass wir »Schwein haben«, ist zwar an sich eine irrationale Ver­knüpfung von Ursache und Wirkung – hilft aber in vielen Fällen erstaunlich gut. Aberglaube funktioniert nämlich oftmals wie eine Art selbsterfüllende Prophezeiung. Ein Amulett, von dem wir erwarten, dass es uns mental stärkt, lässt uns womöglich tatsächlich selbstbewusst auftreten. Psychologisch betrachtet gibt es uns ein Stück Sicherheit. Selbst Menschen, die sich sonst im Leben lieber an die Fakten halten, berichten davon. Sie glauben an Glücksbringer ebenso wie sie Respekt vor Pech­boten haben. Woran liegt das?  

Aberglaube steckt im Gehirn

Dass der Hang zum Übersinnlichen im Gehirn verborgen liegt, da sind sich Wis­senschaftler einig. Aber in welchem Teil unseres Oberstübchens? Manche For­scher haben ihn in einer unserer beiden Hirnhälften vermutet. Und tatsächlich zeigt eine kleine Studie, dass bei abergläubischen Menschen die rechte Hemisphäre besonders aktiv ist, nämlich jene, die für Kreativität zuständig ist und sich die Welt in Bildern vorstellt. Doch wir alle benutzen beide Seiten, auch die linke, die nach Logik fragt und im Aberglauben keine rationale Antwort finden kann. Dass wir trotzdem vor einem Auftritt dreimal über die eigene Schulter spucken oder ein ungutes Gefühl bekommen, wenn eine schwarze Katze unseren Weg von links nach rechts kreuzt, muss andere Gründe haben.

Toi, toi, toi!

Evolutionsbiologen sehen die Wurzel des Aberglaubens woanders – im ältesten Teil unseres Gehirns. Der Hirnstamm, auch Steinzeithirn genannt, denkt intuitiv und assoziiert Ereignisse mit unserem Verhalten. Das ist oft sinnvoll und hat schon unsere Vorfahren zu wichtigen Erkenntnissen gebracht. Denn aß ein kranker Urmensch eine ganz bestimmte Pflanze und wurde dadurch gesund, musste es sich folglich um ein Heilkraut handeln und werde vermutlich auch künftig helfen. Lernen durch Erfahrung erweist sich meist als äußerst praktisch, und manchmal mahnt es uns einfach zur Vorsicht, etwa am Freitag, den 13. Toi, toi, toi zu wünschen, kann jedenfalls nicht schaden.

Quelle: S&D Verlag GmbH, Geldern – leserservice.sud-verlag.de

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